.....eine Ära geht zu Ende

Dentmen

Top-Mitglied
Ort
56 .....bei Koblenz
Mein Auto
T6 Multivan
Erstzulassung
04/2018
Motor
TDI® 110 KW EU6 / 6d-temp CXHA
DPF
ab Werk
Motortuning
Getriebe
DSG® 7-Gang
Antrieb
4motion
Ausstattungslinie
Highline
Radio / Navi
Navigation Discover MEDIA plus
Extras
DVD, MFL, DWA PDC mit RFK, LED, AHK, SRA, Kühlbox, Leder, ACC, WWZH, LSH, Dynaudio, Eibach Federn
Umbauten / Tuning
Winter 19 Zoll 255/40 R19
Sommer 20 Zoll 275/35 R20
FIN
7HZ
Typenbezeichnung (z.B. 7H)
7EJ
Hallo,

......eine Ära geht zu Ende - ein Berufszweig den es so nicht mehr gibt.
Mein Vater geht auf die 80 zu - seit den 60er Jahren war er Selbstständig im Beruf tätig und fummelt immer noch an der Technik, aber nun ist langsam Schluß.;(

Wie einige von euch wissen, habe ich zwar den erlernten Beruf "Radio u. Fernsehtechniker" - aber bereits während der Ausbildung haben mich Fernseher kaum interessiert.
Gelernt habe ich im Betrieb meines Vaters, der aber Hauptsächlich Produktentwicklungen im Bereich Elektroakustik gemacht hat - so habe ich Fernseher kaum gesehen, dafür aber alles was mit Beschallung usw. zu tun hat.

Ausstattung und Entwicklung von Beschallungsanlagen waren sein (unser) Geschäft.
Was heute von Bose in einer kleinen Lautsprecherbox Lärm macht, haben wir noch aus Holz in bester Qualität - 2 m hoch, kaum tragbar - von Hand gefertigt.
Die Beschallung eines Stadions mit 100.000 Menschen - kein Problem - aber nicht mit "Lärm" sondern mit Akustischem Ohrenschmaus.
Galt es irgend wo in Deutschland eine schwierige Halle zu beschallen, waren wir oft mit im Boot - so wurde schon mal in einer Nacht und Nebelaktion eine Halle komplett mit Wellpappe ausgestattet um das Echo fast komplett zu eliminieren.

Tontechnik - also Tonaufnahmen und Bearbeitung, Film Vertonung usw. gehörte zum Geschäftsfeld.
Mein Vater konnte noch von Hand aus einem Studio Bandmaterial einen Buchstaben oder Takte eines Musikstückes heraus schneiden - heute ist das ein Klick am PC.

Wir haben Mischpulte und Verstärker in Handarbeit gefertigt - unser größtes Mischpult hatte über 40 Kanäle, wog mehr als 80 KG - dafür Hand gefertigt mit Hand verlesenen Bauteilen - selbst entwickelt von A-Z.
Ein eigenes Tonstudio gehörte natürlich auch dazu.

Mein Vater machte sich noch die Mühe und hat in den Anfängen der Transistor IC Technik jedes Bauteil selbst per "Ohr" ausgewählt - d.h. bei Elektro-Akustik hört man B-Ware, so würde jeder Transistor und IC in eine spezielle Vorrichtung verbaut, wo das "Rauschen" sowohl per Ohr als auch auf dem Oszillograph sichtbar gemacht wurde.
Rauschen oder Knistern war meinem Vater ein Dorn im Auge und jedem Musiker oder Tonstudio Inhaber auch.
So blieben von 100 Transistoren schon mal 80 Stück als B-Ware übrig.

Da auch unsere Verstärker nicht auf "Krawall" ausgelegt waren, sondern auf edle Akustik waren das Geräte, die noch in entsprechende Qualität gefertigt wurden - nix Hybrid Technik, sondern da arbeiteten noch richtige Mosfet Leistungstransistoren die auf Arm dicken Kühlkörpern verbaut waren.

Die Arbeiten beinhalteten die komplette Hand Bearbeitung der Gehäuse, Herstellung von Elektronikplatinen ( Belichten, Ätzen, bohren, bestücken) und die Endmontage und Einmessung.
Wir waren so bekloppt, das wir sogar die Trafos selber gewickelt haben - heute nicht mehr bezahlbar - ich könnte es noch, und mein Vater hat noch große Rollen von Kupferdraht in allen Stärken an Lager :]
Ich war die "arme Sau" die die Löcher in die Elektronikplatinen bohren, bestücken und löten musste ;(

Seine Verstärker und Mischpulte wurden bis nach Afrika verkauft.

Alles was mein Vater seit den 70er Jahren gebaut und entwickelt hat, ist heute nicht mehr bezahlbar, oder man kauft es für kleines Geld im www - und so geht eine Ära zu Ende.;(
Das was man damals gemacht hat, gibt es heute in dieser Art nicht mehr.


Als ich letzte Woche meinen Vater besucht habe, musste ich feststellen, das er vor seinen ganzen Material Beständen etwas resigniert verweilte und meinte so etwas braucht heute kein Mensch mehr.
Dabei spielte er etwas Wehmütig an einer alten Telefunken Magnetophon M10 herum - eine 70KG schwere Studio Tonbandmaschine - die wollte er schon zerlegen, wegen dem vielen Kupfer. X(
Ein kleiner Blick ins Internet ergab jedoch das es auch dafür dankbare Abnehmer und noch viel € gibt.

Falls jemand von euch noch richtiger "Elektronik Bastler" ist, kann er sich gerne melden, mein Vater ist für jeden Abnehmer dankbar - Hauptsache die Sachen kommen nicht in den Müll.
Normalerweise könnte man einen "Elektronik Bauteile Laden" damit aufmachen - es gibt praktisch keinen Widerstand oder Transistor für Audiotechnik, den er nicht hat und zwar nicht in Tütchen, sondern tausende.


Ein Teil der Beschallungsanlage ist auch noch vorhanden, diese habe ich mal hier ins Board eingestellt:
http://www.t5-board.de/threads/aufl...age-bose-mischpulte-elektronikbauteile.88323/

.........natürlich habe ich bereits einen Teil der Bauteile abgezweigt um die für kleinere Projekte am T5 zu verwenden.

Gruß
Claus
 
Schade, das auf diese Art und Weise immer mehr Handwerk und dazugehöriges Fachwissen verschwindet. Aber so ist wohl der Lauf der Zeit, nicht nur in eurer Branche. Ich kann mir vorstellen, das dein Vater sich nur ungerne von seinem Lebenswerk trennt. Hoffentlich kommen einige der Sachen in gute Hände
 
Hallo,

....da ich meinem Vater viel zu verdanken habe, denn der Grundstein für das was ich heute mache liegt in meiner Zeit, als ich für ihn arbeiten durfte - ist es mir ein großes Anliegen
ihm zu helfen sein Werk zum Abschluß zu bringen und noch ein wenig für ihn zu tun.

So eine Ausbildung und das Wissen, was ich mir damals aneignen konnte, wünschte man sich heute von dem ein oder anderen aus der Automobil Zunft.
Wenn ich da das Berufsbild des heutigen Mechatronikers - also des ehemaligen KFZ Schraubers sehe - dreht sich mir der Magen um.

Ich denke mal, das betrifft aber leider viele Branchen.

Hier gibt es auf jeden Fall noch einiges zu finden und zu räumen ......

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Gruß
Claus
 
Hallo Claus,

als Funkamateur liegt mir viel an der Ausbildung des Nachwuchs. Die Funkamateure sind in Ortsverbänden organisiert und fast jeder Ortsverband betreibt Nachwuchsausbildung und Förderung, nicht nur in den eigenen Reihen , sondern auch in Schulen in AG's. Das alles wird ehrenamtlich gemacht und wir sind immer auf der Suche nach Sponsoren für Material. Vielleicht kann Dein Vater einiges an Material an verschiedene Einrichtungen "Spenden" die Nachwuchsausbildung betreiben.
Die Infos zu den Lautsprechern und Mischpulten werde ich mal an den Gitarrenlehrer meines Sohnes weitergeben und auch an die hiesige Musickschule.

Gruß
Klaus
 
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